Da die Nahrungsmittelpreise um 20-30% anstiegen hatten die Leute Panik und wollten sich alle mit Reserven (v.a. Reis, Zucker, Mehl, Oel) eindecken. Die Regierung behauptete, sie hätten genügend Nahrungsmittelvorräte in den Verteilzentralen und um den Bedarf der Bevölkerung zu decken werden sie diese 24h offen halten, doch am Freitag um 16 Uhr mussten sie schliessen, weil die Lager ausverkauft waren. Für Montag waren neue Streiks und Protestmärsche angekündigt und die Stimmung glich ein bisschen der von 2003, als Goni Sanchez gestürzt wurde und Evo Morales an die Macht kam. Glücklicherweise hat Evo am Sylvester-Abend kurz vor dem Jahreswechsel das Dekret annulliert, so dass das neue Jahr dann friedlich angefangen hat.
Da der Verkehr am Freitag wieder normal funktionnierte, feierten wir den Sylvester in der Pfarrei, zuerst den europäischen um 19Uhr (der Pfarrer und einige Nonnen und zwei Freiwillige sind aus Spanien) und dann zusammen mit den 260 Kindern, die in einem Pfarreilager waren den bolivianischen um Mitternacht, Nicolas war jedoch so müde, dass er um 23Uhr in den Armen seines tanzenden Papas trotz ausgesprochenem Lärm eingeschlafen ist.
Das Neue Jahr begann mit Sonnenschein, was in diesen Sommermonaten eine Rarität ist. So haben wir die Chance genutzt und sind in der Zona Sur von La Paz in einen schönen Park gegangen, wo es sauber ist und Spielplätze hat und einen riesigen Sandhaufen und Gras, wir haben richtig Sonne und Grün getankt.
Wenn die Sonne den ganzen Tag nicht scheint, dann steigt die Temperatur von morgendlichen 8 auf 12 Grad und bei uns im Haus von morgendlichen 11-12 auf 14-15°, dann sind wir froh um Thermounterwäsche und Wolldecken und um das warme Wasser in Küche und Bad (das Haus von Eva hat einen Gasdurchlauferhitzer, der richtig heisses Wasser gibt, im Gegesatz zu den hier gängigen Duschköpfen mit elektrischem Durchlauferhitzer, der ein lauwarmes Rinnsal verursacht und einem meistens auch leichte Stromschläge versetzt, wenn man den Wasserhahn wieder abdrehen will). Der echte Luxus ist das kleine Cheminée, das Eva eingerichtet hat, damit haben wir das Wohnzimmer für 2-3h von 14 auf 18°C aufgewärmt, aber es braucht enorm viel Holz, das dann nicht richtig fertig brennt, so dass es auch nicht als regelmässige Heizgelegenheit in Frage kommt. Glücklicherweise haben wir unsere Daunenduvets mitgebracht, so dass wir uns nachts wieder aufwärmen können. Aber sogar ich gewöhne mich langsam an die Kälte und finde es schon richtig warm wenn das Thermometer auf 18° steht.
Am 5. Januar reisten wir nach Peru, zuerst nach Puno am Titicacasee, von wo aus wir die schwimmenden Inseln der Uros besuchten: Eine kleine Aymara-Gemeinschaft, hat sich auf Inseln, die sie aus Schilf herstellen auf den See zurückzogen und initial vom Fischfang und Vogeleier suchen gelebt und heute ergänzen sie ihr Einkommen mit dem Tourismus). Dann fuhren wir weiter nach Cusco, das auf 3300m ü.M. liegt und die Hauptstadt der Inkakultur war. Die Stadt ist auf den Ruinen der Inkas gebaut, so besteht das erste Stockwek vieler Häuser aus behauenen und sehr exakt ineinandergefügten Steinen. Wir besuchten Joana und Constantin, ein Paar, das mit uns den Ausreisekurs der Bethlehem Mission gemacht hat und nun eben in Cuzco arbeitet. Wir freuten uns sehr über das Wiedersehen mit ihnen. Wir konnten einen kleinen Einblick in ihr Projekt bekommen (Constantin arbeitet im Bereich alternativer Energien und hat uns einige Prototypen von Solarkollektoren und -kochern, einer Wasserturbine, die Strom erzeugt, einer Wasserpumpe und einem hygienisch und warm eingerichteten Hauses gezeigt). Und natürlich haben wir auch einige der fantastischen Inka-Ruinen dieser Region besucht, die Julien und Nicolas noch nie gesehen haben. Dabei haben wir allerdings Machupichu ausgespart, denn das wir einfacher werden, wenn Nicolas etwas grösser ist. Und wir haben uns fest vorgenommen, nach Cusco zurückzukehren, denn die kleinen Wanderungen zu und in den Ruinen, die alle von grünem Gras und Eukalyptuswäldern umgeben sind, haben uns so sehr gefallen, das war ein wunderbarer Kontrast zum Grau und den Abfällen, die wir von El Alto gewöhnt sind.
Nun hat der Alltag wieder angefangen. Es steht die Jahresplanung an. Ich werde im Gesundheitszentrum verantwortlich sein für die Bettenstation und die Aus- bzw. Weiterbildung und gleichzeitig die anderen Zentren der FUNDASE im Gesundheitsbereich betreuen. Was noch nicht sicher ist: Vielleicht werden wir auch eine kleine Studie machen über den Impakt auf Ernährung und Gesundheit bei der Einführung von Treibhäusern in den Innenhöfen der armen Stadtbevölkerung zur ganzjährigen Produktion von eigenem Gemüse.
Julien wird nachmittags die Gruppe der Blancos, dh. die Adoleszenten von 12-15 Jahren betreuen, eine grosse Herausforderung, denn sie haben alle grosse Probleme im sozialen Bereich. Ausserdem entwickelt er Reglemente und Instrumente zur Kontrolle der Teilnahme von Schülern und Eltern (an den Eltern-Versammlungen, die neu regelmässig alle 2 Wochen stattfinden werden, so dass auch den Eltern ein Bildungsangebot gemacht werden kann).
Nicolas hat letzte Woche das erste Kindergartenjahr begonnen. Er geht gerne hin. Wir haben eine interessante Schule gefunden. Sie wird von einem schweizerisch-bolivianisch-peruanischen Team geführt, lehnt sich an die Montessori-Philosophie an und befindet sich in einem kleinen Seitental zwischen La Paz und El Alto, wo es erstaunlich viel Wasser hat und deshalb grün ist und die Bauern noch mit den Ochsen die Felder pflügen. Eine Idylle, die uns einen recht langen Schulweg abverlangt, weshalb wir im März in das Quartier, wo wir arbeiten umziehen werden, von dort aus ist auch die Schule dann deutlich näher und der Schulbus ist mit dem öV erreichbar.
Wir hoffen, auch Ihr seid alle gut gestartet und freuen uns über Eure Kommentare und Nachrichten.